Welche Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen müssen bei der Behandlung von HIV-, HBV- oder HCV-Patienten getroffen werden?
Bei der Behandlung von HIV-, HBV- oder HCV-Patienten besteht nur ein Infektionsrisiko, wenn Viren in ausreichender Menge in den Körper gelangen oder durch Blutspritzer mit offenen Wunden oder Schleimhäuten in Berührung kommen. Deshalb sind neben den Standardmaßnahmen keine besonderen Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich.
Es besteht eine generelle Behandlungspflicht dieser Patienten. Die Versorgung von infizierten Patienten darf angesichts des heutigen Hygienestandards einer Zahnarztpraxis nicht als unzumutbar abgelehnt werden; so kann beispielsweise eine Infektion des Behandlungsteams durch geeignete Schutz- und Hygienemaßnahmen ausgeschlossen werden. Merke: Alle Patientinnen und Patienten so behandeln, als ob sie infektiös wären.
Folgende Standardmaßnahmen der Basishygiene sind einzuhalten:
- Anamnese
Vor der Behandlung sorgfältig und differenziert durchführen, um infektionsrelevante Risiken zu erfassen und abzuschätzen
- Händehygiene
- Sichtbar saubere Hände und Fingernägel; kurze, mit der Fingerkuppe abschließende Fingernägel ohne Nagellack, keine künstlichen Fingernägel
- Keine Ringe, Uhren, Piercings oder andere Schmuckgegenstände an Händen und Unterarmen
- Hygienische Händedesinfektion mit Alkohol basiertem, begrenzt viruzidem (wirksam gegen behüllte Viren) Händedesinfektionsmittel mit Nachweis der Wirksamkeit, VAH-Zertifizierung[1] zur Händedesinfektion
- Persönliche Schutzausrüstung
Nicht-sterile Einmalhandschuhe, Mund-Nasen-Schutz, Schutzbrille/-schild, ggf. Schutzkittel, wenn mit Verspritzen oder Versprühen von Blut, Sekreten oder Exkreten zu rechnen ist - Sachgerechte Aufbereitung
Reinigung, Desinfektion und ggf. Sterilisation der bei der Behandlung eingesetzten Medizinprodukte gemäß Einstufung in die Risikoklassen (unkritisch, semikritisch A/B und kritisch A/B) nach RKI-Empfehlung und entsprechender Umsetzung im Hygieneplan - Flächendesinfektion
Desinfektion der Oberflächen in der Patientenumgebung nach der Behandlung mit begrenzt viruzidem (wirksam gegen behüllte Viren) Flächendesinfektionsmittel mit Nachweis der Wirksamkeit, VAH-Zertifizierung1 zur Flächendesinfektion
- Entsorgung von Abfällen
- Kontaminierte Abfälle aus der Behandlung über den Hausmüll entsorgen.
- Gebrauchte spitze und scharfe medizinische Instrumente (Nadeln, Kanülen, etc.) unmittelbar nach Gebrauch durch den Anwender in Abfallbehältnissen sammeln.
[1] VAH (Verbund für Angewandte Hygiene e. V.)
Welche Maßnahmen sind nicht erforderlich?
Einige Maßnahmen, die vormals empfohlen wurden, werden heute von Fachleuten als nicht erforderlich eingestuft. Zudem könnten sie von betroffenen Patienten als diskriminierend empfunden werden:
Als grundsätzlich „nicht erforderlich“ werden folgende Maßnahmen eingestuft:
- Behandlung nur am Ende der Sprechzeit / des Behandlungstages
- Behandlung in einem eigenen Behandlungsraum
- Tragen von zwei Paar Handschuhen bei Routineeingriffen
- Desinfektion aller Flächen im Behandlungsraum oder Wartezimmer
- Gesonderte Aufbereitung der bei der Behandlung eingesetzten Medizinprodukte
Wir empfehlen einen verantwortungsvollen und sensiblen Umgang mit den Informationen über Patienten. Nur wer als Patient sicher vor Ausgrenzung oder Ablehnung ist, wird den Anamnesebogen wahrheitsgetreu beantworten.
Welche Maßnahmen sind bei der Behandlung von MRSA-Patienten einzuhalten?
Multiresistente Erreger (MRE) sind Bakterien, die durch ihre Antibiotikaresistenz die Therapie von diversen Infektionen erschweren. Auch wenn MRE nicht zu den häufigen Erregern von Infektionen nach zahnärztlichen Behandlungen zählen, da sie nur in Ausnahmefällen die Mundhöhle kolonisieren, können sie die Therapie von odontogenen Infektionen komplizieren. Der bekannteste Vertreter ist der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Auch weitere multiresistente Erreger wie Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) sowie multiresistente gramnegative Stäbchenbakterien (3MRGN, 4MRGN) gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Durch das Fehlen von spezifischen Risikofaktoren und das Vorhandensein einer normalen Körperflora besteht für das Personal der Zahnarztpraxis in der Regel keine besondere Infektionsgefahr durch MRE.
Bei Patienten, die mit MRE besiedelt sind, sind keine über die Basishygiene hinausgehenden Hygienemaßnahmen (vgl. Beitrag „Behandlung von Patienten mit HIV, HBV oder HCV“ und DAHZ-Hygieneleitfaden, Kapitel 04/„Mundhöhlen-Antiseptik, Antibiotikaprophylaxe und Umgang mit mulitresistenten Erregern“) notwendig.
Antiseptische Mundspülungen vor der Behandlung (Chlorhexidin, Octenidin) werden empfohlen.